schwarz – Gedanken zum Karfreitag 2024

Wie kann es sein, dass wir heute von einer Feier sprechen? Heute an diesem liturgisch traurigsten Tag des Jahres? In dieser Stunde gehen wir die letzten Stunden Jesu mit, von Pilatus bis ans Kreuz, von Golgotha bis ins Grab. Natürlich wissen wir, wie die Geschichte weitergeht – doch heute bleibt heute. Noch ist erst Karfreitag und kein Halleluja kommt uns über die Lippen. Ein stiller Tag – oder gar ein schwarzer Tag? Schwarz ist die Trauer, schwarz der Blick der Pessismisten, schwarz auch die Angst, die die Seele bedrückt. Schwarz ist die Nacht und geschwärzt das, was niemand lesen soll.

So viel schwarz in unserer Sprache und auch an diesem Karfreitag – und so wenig Licht? Heute noch nicht – und das vielleicht, so denke ich, aus gutem Grund. Schwarz ist dieser Tag, damit die Schwärze in uns einfach schwarz sein darf. Damit die Angst, die uns quält, die Sorgen, die drücken, die Verzweiflung, die an den Nerven zerrt und die Trauer, die lähmt und niederdrückt, damit all das in der Schwärze dieses Tages sich wiederfinden darf. Alles Schwarze in uns hängt da mit Jesus am Kreuz. Alles Schwarze der Welt findet Widerhall im sich schwärzenden Himmel von Golgotha. Wenn Jesus zu seinem Gott ruft, warum er von ihm verlassen sei, dann spricht er vielleicht genau das aus, was wir uns vielleicht nicht aussprechen trauen. Wo bist Du Gott angesichts all der Schwärze in der Welt und in mir?

Wer trauert, trägt schwarz. Wer Angst hat, Sorgen, Fragen und Zweifel – tut dies innerlich auch. Schwarz tragen und damit die eigenen schwarzen Gefühle nicht leugnen, sondern zulassen – das ist wichtig, weil es heilsam sein will. Und um heil sein und heil werden geht es heute auch. Schwarz tragen meint nämlich nicht schwarzsehen. Denn dieser Tod, den wir heute betrachten, Jesu Weg ans Kreuz, ist nicht das Ende, sondern erst der Anfang – für jede und jeden von uns. Es gibt Hoffnung, es gibt diese Spuren von Licht auch an diesem schwarzen Tag. Als Jesus stirbt, da reißt der Tempelvorhang. Von Oben bis unten tut sich ein Riss auf und gibt den Blick frei ins Herz dieses heiligen Ortes – und damit auch ins Herz Gottes selber. Gott lässt Jesus am Kreuz zerbrechen, weil seine Liebe ungebrochen ist, weil seine Zusage des Lichtes in der Dunkelheit durch nichts gebrochen werden kann. Noch immer und vielleicht sogar viel mehr ist Gott uns nahe, um auch uns dieses Licht ins Leben zu legen. Die bunte Fülle dieser göttlichen Zuwendung steht gerade jetzt, an diesem dunklen Punkt der Geschichte Jesu unverbrüchlich im Raum – und leuchtet vielleicht heller als je zuvor.

Und auf einmal kommen unserem schwärzlichen Glauben vielleicht die Worte, die Farben, den Duft und die Klänge der kommenden Tage in den Sinn – und auch das ist gut so. Ostern steht bevor, das traurige Feiern will sich wandeln in Freude. Im Leben ist das nicht immer so leicht, weil das schwarz oft so übermächtig und unbezwingbar erscheint. Vielleicht mag es an manchen schwarzen Tagen helfen, sich an diesen schwarzen Tag zu erinnern, sich an Jesus zu halten, wissend um sein Ende, das doch erst der Anfang war. Vielleicht mag es helfen, ihn einzuladen in meine Schwärze, mit seinem Licht und den Farben seines Lebens – nicht in der Erwartung, dass alles übertüncht wird, sondern dass er es mitgeht, mitträgt und Stück für Stück heilt – auf seine Weise. Und vielleicht mag aus alledem eine Hoffnung erwachsen, eine Hoffnung, die mich über die Schwärze hinausblicken und hinausgehen lässt – in kleinen aber stetigen Schritten. Denn vor allem die Hoffnung trägt und birgt – wie es Alois Albrecht vor einigen Jahrzehnten so wunderschön gedichtet hat:

Unsere Hoffnung bezwingt die schwarze Angst.

Wir sehen schon den Regenbogen des Bundes.

Wir träumen die Zukunft, die menschlich wird mit dir,

weil du unser Gott bist.

Unsere Hoffnung bezwingt den bleichen Tod.

Wir sehen schon das Gold des Sieges, des Friedens.

Wir träumen das Leben, das ewig währt, bei dir,

weil du unser Gott bist.

Unsere Hoffnung gewinnt das neue Land.

Es leuchtet schon im Regenbogen alle Welt.

Wir träumen die Schöpfung, die vollendet wird in dir,

weil du unser Gott bist.

Bild von PRAIRAT FHUNTA auf Pixabay

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